Das Kind braucht ’nen Namen
Ich schwenkte meinen Blick einmal im Kreis herum. Wir waren unbeobachtet. Tiiief Luft holen! In einer höheren Oktave und mit gespitzten Lippen gab ich der frohen Botschaft, die gleichzeitig noch streng geheim war, einen Nachdruck:
„Jo! Wir bekommen ein Kind!“ Meine Schultern entspanten sich und glitten wieder in Normalstellung bis zu leicht gekrümmter Haltung. Mein Arbeitskollege freute sich, zumindest habe ich es so empfunden. „Gratuliere!„, erwiderte er und klopfte mir bei einer halben Umarmung auf die Schulter. „Wisst ihr auch schon, was es wird?“ Ich fing an zu grinsen und antwortete in kindischen Stimme: „Nein!Lassen uns überraschen!“ Man konnte mir das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht schlagen. Langsam, aber sicher wurde er immer neugieriger: „Habt ihr denn schon Namen ausgesucht?“ „JAA!„, meine Augen leuchteten auf wie funkelnde Sterne: „Wenn es ein Junge wird,“, ich legte eine Pause ein, „dann soll er Wolfgang heißen!“ „Nicht im Ernst, oder?“ Das Entsetzen stand ihm groß auf die Stirn geschrieben. Sein Blick – eingefroren. Die anderen Kollegen wurden hellhörig.
Wolfgang war ein Kosename. Ein Name für ein Projekt so zu sagen. Was anfangs als ein kleiner Scherz nur mal eben so erwähnt wurde, entfachte in ein Lauffeuer. Die wunderschöne Musterkugel, die Renate vor uns her schob, wurde in aller Munde „Wolfgang“ genannt. Wolfgang würde ein kantiger Bub werden. Später, so malte Artis es dann gerne aus, später dann werde Wolfgang einen Mustage tragen, in einem Baumfällerhemd einen LKW lenken. Das Nummernschild mit seinem Spitznamen „Wolle“ für die Windschutzscheibe war schon beinahe in der Mache.
Aber mal im ernst! Egal, ob Mädchen oder Junge! Unsere Devise:
Hauptsache der Bub kommt gesund zur Welt!
Und dann! Kurz vor Entbindungstermin, wurde es eines abends ernst! Wir lagen uns im Bett gegenüber und schauten uns in der Abenddämerrung an.
Sie: „Bist du bereit?“
Eine kurze Stille durchbrach den Dialog.
Er flüsterte: „Nein!“
Nach einem tiefen Seufzer: „Ich auch nicht!“
Aber mal ganz ehrlich! Wann ist man bereit für ein Ereignis, das das ganze Leben auf den Kopf stellt? Wann ist man Beispielweise bereit, zu kündigen oder den Job zu wechseln? Wann ist man bereit für eine verbindliche Beziehung? Wann ist man bereit für den ersten Fallschirmsprung? Wann ist man bereit, in die weite Welt hinaus zu ziehen? Wann ist man bereit ein Kind zu bekommen? Wann ist man bereit zu sterben?
Unser Baby hat noch 8 Tage auf sich warten lassen. War wohl noch nicht bereit! Oder er traute sich einfach noch nicht. Wir wissen es nicht. Auf jeden Fall stürzen wir uns jetzt mutig und unvorbereitet in ein neues Leben mit Kind!
Ok, ganz so unvorbereitet war das jetzt alles auch nun wieder nicht! Wir haben da noch eine Kleinigkeit für alle Freunde, Bekannte und die ganze Familie vorbereitet.
An dieser Stelle gibt es von uns erst mal ein „Auf Wiedersehen“ und bis zum nächsten Mal!